10. Zur Herstellung der Münzstempel
Aus: Michail Nemirowitsch-Dantschenko und Franziskus Pärn:
Die Münzen von Herzog Magnus, Bischof von Ösel-Wiek, Seite 236-242.
Beim Schneiden der Prägungsstempel wurden Schriftpunzensätze zur Herstellung der Legendenschrift und für das Bildnis des Bischofs und des Stiftswappens verschiedene Teilpunzensätze benutzt. Besonders deutlich läßt sich damit der zeitliche Zusammenhang von Prägungsstempel nachweisen, wenn zur Herstellung die gleichen Punzensätze gebraucht wurden. Diese Stempel lassen sich so gruppiert in einander folgende Typengruppen zusammenfassen:
- 1. der Legendenschrift nach,
- 2. dem Bilde nach im Felde des Stempels.
1.
Wie in Alt-Livland üblich wurden die gleichen Schriftpunzensätze zum Einschlagen der Legendenschrift auf den Ferding- wie auch Schillingstempeln verwendet und somit ist es der Schrift nach möglich, die Prägungsstempel dieser beiden Nominale in gleichzeitige parallele Prägungsabschnitte zu gliedern.
Auf den Münzstempeln des Bistums Ösel-Wiek wurden folgende Schriftpunzensätze gebraucht:
Schrift 1. Die Legendenbuchstaben wurden fast durchweg mit Hilfe von Teilpunzen in den Stempel eingeschlagen und bei Bedarf die Buchstaben mit dem Stichel nachgraviert. Für die Buchstaben A und O gab es Ganzpunzen. Nur auf den ersten Reversstempeln der Schillinge wurde der Buchstabe N richtig geschrieben, sonst immer als umgekehrtes N. Die Legenden sind anschaulich auf den Münzen dargestellt.
Mit der Schrift 1 wurden im Jahre 1562 die Stempel für Ferdinge und Schillinge in der Münzstätte in Hapsal geschnitten.
Schrift 2. Zur Herstellung dieser Legendenschrift wurde ein neuer Satz von Ganzpunzen verwendet. Die Buchstaben sind kleiner und unterscheiden sich damit deutlich von der vorhergehenden Schrift. Schon bei der Herstellung der ersten drei Stempel mit diesem Schriftpunzensatz zerbrach die M Punze. Auf den folgenden Stempeln wurde der fehlende Pfosten dieses Buchstabens mit einer I Punze ergänzt. Es folgten deutlich erkennbare Abbrüche bei den Buchstaben D, C, E usw. Der Buchstabe O zerbrach und wurde mit einem viel größeren O ersetzt. All dieses ermöglicht die Herstellungsfolge dieser Stempel in der Münzstätte Hapsal zu bestimmen.
In der neuen Münzstätte in Arensburg waren von diesem Schriftpunzensatz nur noch einige ursprüngliche Buchstaben erhalten geblieben. So finden wir auf den ersten in Arensburg hergestellten Stempeln (10A und 56A) noch die alte deutlich erkennbare Punze D, bei der die untere Seriflinie schon in Hapsal zerbrach.
Im folgenden Arbeitsgange wurden die letzten defekten Punzen ausgewechselt und somit ist die in der Münzstätte Arensburg benutzte Schrift 2 nur noch ähnlich, nicht identisch, mit der ursprünglichen Schrift 2 aus Hapsal. Daher ist es auch möglich genau zu sagen, welche Stempel in Hapsal oder Arensburg geschnitten wurden.
Mit der Schrift 2 wurden Ferding- und Schillingstempel hergestellt. In Hapsal anscheinend schon im Winter 1562 fürs Jahr 1563. Später in Arensburg im Jahre 1564.
Schrift 3. Diese Schrift ist ähnlich der im Jahre 1562 in Hapsal gebrauchten. Doch sind die Buchstaben etwas größer und recht grob und unordentlich in den Stempel eingeschlagen. Bei den ersten Stempeln bemerkt man den Buchstaben zugefügte Serife, die aber im Laufe der folgenden Stempelherstellung weggelassen wurden.
Benutzt wurde die Schrift 3 in Arensburg auf den Ferding- und Schillingstempeln in den Jahren 1564 und 1565.
Danach bei der erneut aufgenommenen Schillingprägung ab 1567 bis 1569.
Schrift 4. Die Buchstaben sind ähnlich der Schrift 2, doch mit kleineren
Ganzpunzen in den Stempel eingeschlagen. Bekannt sind nur einige Stempel mit dieser Schrift aus den Jahren 1567 und 1569.
Wobei man auf diesen Stempeln den Wappenschild im Avers mit der gleichen Ganzpunze und das Stiftswappen im Revers mit demselben Teilpunzensatz, der bei der Schrift 3 dazu gebraucht wurde, auch hier bei der Schrift 4 dazu benutzte.
In der graphischen Darstellung der Stempelketten sind die jeweils gebrauchten Schriftpunzensätze zugefügt. Dort als Schrift 1 bis 4 bezeichnet zerlegen sie die ganze Münzprägung des Bistums Ösel-Wieks in mehrere einander folgende Prägungsabschnitte, die auch im Katalogteil bei der Beschreibung der Prägungsstempel berücksichtigt wurden.
2.
Zur Herstellung des Bischofbildnisses und des Stiftswappens wurden verschiedene Teilpunzensätze gebraucht. Anhand derselben ergeben sich folgende Typengruppen, vergl. Tafel I-VI, S. 199-204.
In zeitlicher Reihenfolge geordnet:
A. Für Ferdinge
a. Aversstempel
- Bildnis 1. Das Brustbild fein geschnitten. Das Antlitz des Bischofs schwach in den Stempel eingeschlagen und darum größtenteils nur zarte Konturen auf den Münzen zu sehen.
Der Harnisch schön verziert.
Nur ein Stempel 01A, die Legende Schrift 1.
- Bildnis 2. Ähnlich, doch das Antlitz gröber geschnitten. Der Harnisch ohne Verzierungen.
Nur ein Stempel 05A. die Legende Schrift 2.
- Bildnis 3. Ein neuer Teilpunzensatz zur Herstellung des Bildnisses benutzt. Das Porträt des Bischofs sehr grob geschnitten. Der Hut bedeutend niedriger.
3 varierende Stempel 10A bis 12A. Die Legende Schrift 2.
- Bildnis 4. Ähnlich dem Bildnisse 2, doch der Innenring kleiner im Durchmesser und darum das Bildnis geringer und schlichter geschnitten.
3 einander sehr ähnliche Stempel, 15A bis 15C.
Die Legende Schrift 3.
- Bildnis 5. Kein Bildnis für diesen Zeitabschnitt bekannt. Anscheinend wurden nur Schillingstempel geschnitten.
- Bildnis 6. Ein neuer Teilpunzensatz fürs Bischofbildnis. Der Innenring nur noch 13 mm, darum das Bildnis klein und schlicht in den Stempel eingeschnitten.
Bekannt 11 Stempel, 21A bis 32A, mit unterschiedlichen Legenden.
Schrift 3.
b. Reversstempel
- Adler 1. Der Adler mit dem ausgestreckten linken Flügel, dort 5 Federn zu sehen, auf einem punktierten Bande, mit eingeknickten Beinen, stehend.
Nur ein Stempel 01a, die Legende Schrift 1.
- Adler 2. Ähnlich wie vorher, aber das Band ohne Punkte und der gespreizte linke Flügel mit 4 Federn. Auf den Stempeln variiert diese Zeichnung gering, aber immer ist der Adler in der gleichen Stellung, mit eingeknickten Beinen, dargestellt. Bekannt 4 Stempel 05a bis 08a, die Legende Schrift 2, in Hapsal geschnitten.
7 Stempel 15a bis 20a, mit der Schrift 3, in Arensburg geschnitten.
- Adler 3. Der Adler in einer ganz neuen Zeichnung dargestellt, die mehr einem Schwan oder einer Gans ähnelt. Alle Stempel vom gleichen Stile und variieren nur gering in der Ausführung. Bekannt 10 Stempel, 10a bis 14b, die Legende Schrift 2.
- Adler 4. Keine Ferdingstempel bekannt, die Züge dieses Zeitabschnittes aufweisen. Benutzt wurde die Adlerzeichnung 2.
- Adler 5. Ebenso wie beim Bischofsbildnis im Avers auch hier keine Adlerzeichnung für diesen Zeitabschnitt bekannt. Anscheinend wurden nur Schillingstempel geschnitten.
- Adler 6. Wie bei den Aversstempeln (Bildnis 6) ist auf den Stempeln der Durchmesser des Innenringes nur noch 13 mm und in diesem Zusammenhange wird zum Einschlagen des Stiftsadlers ein neuer Set von Teilpunzen benutzt. Die Adlerzeichnung kleiner, beim ausgestreckten linken Flügel jetzt 4 parallelliegende Federn zu sehen (mit einer Punze eingeschlagen), der Schwanz durch 3 nebeneinander liegende Federn stark betont, stützt sich aufs Band unter dem Adler.
19 Stempel 21a bis 34b aus den Jahren 1564 und 1565. Die Legendenschrift 3.
B. Für Schillinge
a. Aversstempel
Der verzierte Schild mit dem Wappen von Oldenburg wurde mit Teilpunzen in den Stempel eingeschlagen und nötigenfalls mit dem Stichel nachgraviert. Bekannt sind mehrere Ausführungen, die in Details variieren.
- Schild 1A. Im verzierten Schilde die Balken doppelliniert. Nur ein Stempel 41A, die Legende Schrift 1.
- Schild 1B. Im verzierten Schilde schlichte Balken, die nicht bis zum Schildrand reichen. Der Schild unten rund, seitlich nur wenig eingebogen.
7 Stempel, 42A bis 44A, die Legende Schrift 1.
- Schild 1C. Wie vorher, aber die Balken gehen an den Schildrand. Der Schild unten rund, seitlich tiefer eingerundet, so wie bei den folgenden Stempeln.
Ein Stempel 46A, die Legende Schrift 1.
- Schild 1D. Wie vorher, aber der Schild unten spitzer und durchbricht den Innenring.
5 Stempel, 47A bis 48A, die Legende Schrift 1.
- Schild 2. Das Wappen von Oldenburg in einer neuen schlichteren Zeichnung und mit einer Ganzpunze in den Stempel eingeschlagen. Auf einigen Stempeln sind die Querbalken mit Doppellinien betont.
Aus Hapsal 1 1 Stempel, 50a bis 54B, die Legende Schrift 2.
Arensburg 2 Stempel, 55A und 56A, die Legende Schrift 2.
- Schild 3. Aus Teilpunzen gebildeter gevierter Schild mit den Oldenburgschen Balken und dem Delmenhorstschen Kreuze.
Beiseiten 6-4.
7 Stempel, 57A bis 63A, die Legende Schrift 2.
- Schild 4. Kein Stempel bekannt, der typische Züge dieses Zeitabschnittes trägt. Möglich, daß mit den Stempeln 55A und 56A geprägt wurde.
- Schild 5. Sehr ähnlich dem Schilde 2 und auch als Ganzpunze hergestellt.
Der untere Querbalken aber etwas höher im Schilde.
10 Stempel 70A bis 70J, die Legende Schrift 3.
Die Stempel in der Mitte des Jahres 1564 geschnitten.
- Schild 6. Auch dieser Schild sehr ähnlich den vorhergehenden, aber der untere Schildbogen ausgedehnter und dünner. Oben in der Mitte innerseits des Schildes ein kleiner Zapfen. Als Ganzpunze hergestellt.
2 Stempel 71A und 73A, die Legende Schrift 3. Im Jahre 1564 hergestellt.
Daraufhin in den Jahren 1567 bis 1569 13 Stempel, 80A bis 96A, die Legende Schrift 3.
Es folgten 4 Stempel, 76A bis 96A, die Legende Schrift 4.
b. Reversstempel
- Adler 1. Die Adlerzeichnung aus Teilpunzen zusammengestellt. Ähnlich dem auf den Ferdingstempeln, doch viel kleiner und schlichter.
7 varierende Stempel 42a bis 46c, die Legende Schrift 1.
- Adler 2. Der Adler mit einem neuen Teilpunzensatz zusammengesetzt.
6 varierende Stempel, 49a bis 56a, die Legende Schrift 2.
- Adler 3. Ähnlich wie auf den Ferdingstempeln, aber viel kleiner und mit kurzem Hals.
Nur 2 Stempel, 60a und 62a, die Legende Schrift 2.
- Adler 4. Eine neue Zeichnung des Vogels. Der linke Flügel eingeknickt, der rechte ausgestreckt.
Nur ein Stempel, 70a, die Legende Schrift 3.
- Adler 5. Ähnlich wie vorher, aber beide Flügel ausgestreckt. Keine größeren Teilpunzen zur Herstellung der Flügel benutzt, daher variiert die Zeichnung des Vogels auf jedem Stempel.
6 Stempel, 71a bis 74a, die Legende Schrift 3.
- Adler 6. Ähnlich dem Adler auf den Ferdingstempeln dargestellt. Für den rechten Flügel eine Punze benutzt, wo grob nebeneinander 4 Federn zu sehen sind. Die Adlerbeine parallel nebeneinander und eingeknickt.
5 Stempel, 82a bis 91a, die Legende Schrift 3.
2 Stempel, 75a und 75b, die Legende Schrift 4.
Die Gliederung der Avers- und Reversstempel nach den Typengruppen ist nur der graphischen Darstellung der Stempelkette zugefügt. Dort veranschaulicht sie bildlich den Prägungsverlauf der beiden Nominale.
Erkennbar sind die Zeitabschnitte, wo Ferdinge und Schillinge gleichzeitig oder eines dieser Nominale bevorzugt geschlagen wurde.
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